“Flow” reviewed by Bad Alchemy

Flow (Crónica 025 + quicktime video) bringt ein Wiederhören mit VITOR JOAQUIM, einem der maßgebenden Köpfe der portugiesischen Electronica, der schon einmal mit A Rose is a Rose (dOc recordings) meine Schwurbelmaschine angeworfen hat (BA 45). In dicht verschlungener Mehrspurigkeit lässt er jeweils mit ganz unterschiedlichen Geschwindigkeiten langschweifige und kurzwellige Pulsfrequenzen ineinander rotieren, dunkle Tupfer und helles Klingeln, durchschossen von Plops, von sirrenden und wabernden Linien durchbrochen. Mit verblüffenden, hoch komplexen Ergebnissen. In achtfacher Beleuchtung, Joaquim nennt es ‚Momente‘ – ‚Moments of Skin‘, ‚Thinking Moments‘, ‚Moments of Silence‘ – , kreist er um die Konfrontation von Computer und menschlicher Stimme, von programmierten Beat-Noise-Collagen und menschlicher Gefühlswelt. Immer wieder hört man Atemzüge oder Satzfetzen von Filipa Hora, die wie aus einem hohlen Metallfass heraus hallen – …i think you‘re getting so close…this is so dangerous, this intimacy, i think… i think i don‘t want not to be close etc. Dieser hohle Vocoderklang irritiert mich lange als Déjà vu, bis ich endlich auf Laurie Anderson komme, bei der mir dieser Verfremdungseffekt schon einmal ähnlich unter die Haut gegangen war. Dazu blinken an bestimmten Stellen melancholische Gitarren, bei ‚Moments of Emptiness‘ in tristen Endlosrillenloops. Und Hora haucht und stottert ihr verzerrtes „close“, „think“ und „silence“. Aber I-I-I und w-w-w-e-e zerflattern im malenden und häckselnden Computermix. Joaquim ist ein Experte für die Mechanik des Herzens, für den Geist in der Maschine. Mit Flow sind ihm Momente von außergewöhnlicher Intensität gelungen. Das Flow-Video von Lia, dessen Ästhetik schon das Coverdesign andeutet, besticht in perfekter Synchronität mit Joaquims Sounds durch teils kristalline, teils organische, an Seeanemonen erinnernde Wucherungen in Schwarzweiß, mit momentan aufblühenden Rottönen.

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