Im Spannungsfeld von improvisierter und elektroakustischer Neuer Musik warten weiterhin derart viele Perlen auf ihre Entdeckung, dass man nur hoffen kann, dass zumindest ein Teil der Akteure irgendwann einmal die Einsicht ereilt, dass der Schritt aus dem selbst errichteten Elfenbeinturm an eine Öffentlichkeit jenseits eines hochspezialisierten Publikums eine sinnvolle Entscheidung wäre. Ein aktuelles und gutes Beispiel: Nikolas Bernier, der sich auf “Strings.Lines” ausgiebig mit Stimmgabeln auseinandersetzt. Mit den beiden Violinisten Pierre-Yves Martel und Chris Bartos taucht Bernier in die Tiefen der klanglichen Möglichkeiten und tonalen Reduktion ein und kommt zu gänzlich unerwarteten Ergebnissen. Aus übereinander gelagerten Schichten von Sounds, die ihren Ursprung sowohl im Einsatz der Stimmgabeln, im Spiel der Violinisten sowie deren Erkundung ihrer Instrumente hat, kreiert Bernier Musik, die auch Hörer abseits akademischer Zirkel verdient hat. “Strings.Lines” schenkt dem aufmerksamen Ohr 50 wunderbare Minuten in einem musikalischen Mikrokosmos, der für sämtliche Klassik-Pop-Sünden von Vanessa Mae bis David Garrett entschädigt.