“Double Exposure” reviewed by Bad Alchemy

Double Exposure
Auf Double Exposure (Crónica 062-2011, audiofile) sind 12 Kompositionen von JANEK SCHAEFER versammelt, die bisher auf den Kompilationen ‘Mus*****c’ (Crónica), ‘Fabrique’ (Room40), ’10’ (Room40/Wire Magazine) und ‘Panels. An Inquiry Into The Spatial, The Sonic And The Public’ (NAIM/Bureau Europa) verstreut oder nur live in einer raumspezifischen Aufführung oder im Radio zu hören gewesen waren. Einen Schwerpunkt bilden die drei Ausschnitte seiner Musik für ‘The Mill – City of Dreams’, wo bei ‘Spark Rising Over the Lights of Scarlett Heights’ sehr stimmungsvoll der Wind über Toypiano und Cello streicht und beim ‘Theme Tune’ kleine Pianowellen melancholisch arpeggieren. Ähnlich rührend ist ‘Broadstairs Childrens Piano Trio’ mit ebenfalls überknisterten kleinen Pianoloops. Es wird in der melancholischen Stimmung aber fast noch übertroffen von ‘Requiem for West Wittering’, mit Strandgeräuschen und einem an- und abschwellenden Molldrone, wiederum vinylüberrauscht, als wär’s Regen. Schaefer macht die allertraurigste Musik, in der letztlich selbst Nostalgie noch in Tristesse untergeht. ‘Coda for John Dankworth’ war schon 2009 sein zu Basspizzicato und verrauschtem Swingnachhall gesummter Nachruf auf den 2010 verstorbenen Komponisten der Titelmelodie von ‘Mit Schirm, Charme und Melone’. ‘Fields of the Missed’ ist danach ein Ausflug ins Horrorgenre, zu Hitchcocks Vögeln, unter schwärmende Killerbienen, während ein Sturm Glockengeläut verweht. Den dystopischen Akzent verstärken noch der Noir-Soundtrack ‘Unfolding Honey’ mit klacken­den Stöckelschuhen im Regen, das große Orgelbrausen ‘Inner Space Memorial [for J.G. Ballard]’ als Schaefers Tribute an den 2009 verstorbenen Meister des Futurum II, und der mit 21 Min. ebenso lange ‘Asleep at the Wheel… in-car soundtrack 7’. Mit dem nimmt er eine zombieeske Zukunft der Consumer Society vorweg, in der Geisterautos zu Super­märkten rauschen, während Richard Heinberg, Autor von The Party ‘s Over: Oil, War, and the Fate of Industrial Societies und The End of Growth, tauben Ohren predigt. Schaefer ist Minimalist im maximalen Sinne, seine Musik ein mnemotechnischer Zauber, der die Furie des Verschwindens ebenso beschwört wie die drohenden Ruinen der nahen Zukunft. Rigobert Dittmann