Ein bisschen Kopfkino, wohlige Hirnspülungen und morbider Mystizismus: Hauptsache interessant! Findet KRISTOFFER CORNILS – und widmet sich im sechsten Teil seiner Betrachtungen von Randnummern, Underdogs und Grenzgängern den dezenteren Tönen und ihren nachhallenden Effekten.
Die Ästhetik des Alltagsleben hat in den letzten Jahren ein grundlegendes Update erfahren: Das Visuelle regiert. Auf unseren Smartphones grabbeln wir uns mit fahrigen Fingern durch Maps und Memes, lassen uns von bewegten Bildern mehr sagen als tausend Worte das jemals könnten. Der Ton landet im Kampf um die Vorherrschaft dieser unserer Popkultur mittlerweile auf dem zweiten Platz, verkommt zum Gimmick – das Visuelle rules, unumstritten. Die Musik aber reagiert und setzt auf Intermedialität, um ihre Message durchzuboxen. So auch im Falle von Eins bis Sechzehn, einer Kollaboration des Klangkünstlers Ephraim Wegner und der Fotografin Julia Weinmann. Die beiden suchten ihre Synthese jedoch fernab der durchdigitalisierten Schnelllebigkeit und wählten – wie aus Trotz, möchte man meinen – Orte des Stillstands als Inspiration für ihr gemeinschaftliches Projekt. Die verlassenen Hotels, die Weinmann in minimalistisch-nüchternen Bildern so eindringlich portraitiert hat, repräsentierten eines Tages eben jenes Leben im Transit, gegen das auch die reduzierten Sounds Wegners einzustehen scheinen.
Sie passen sich nahtlos an die Fotografin seiner Partnerin an, unterstreichen die Trostlosigkeit, die insbesondere die parallel nebeneinander gestellten Bilder von den exakt gleich gebauten, jedoch in unterschiedlichen Graden verwahrlosten Hotelzimmern ausstrahlen. Auch die Collage aus Feldaufnahmen (schlagen da Wellen ans Meer, lacht da eine Touristin?) und trockenen Drones wirkt wie ein klangliches Mahnmal für die verringerte Haltbarkeit dieser Nicht-Orte, die wir nur betreten, um unserer Realität für eine Weile zu entfliehen – deshalb sind sie den schimmernden Screens unserer Smartphones doch gar nicht so unähnlich und stellen trotzdem genau das Gegenteil dar. Schön, dass man sich eine solch logisch ineinandergreifende Gemeinschaftsarbeit als garantiert dauerhaftes Produkt nach Hause holen kann. Kopfkino einerseits, andererseits auch ein haptisches Vergnügen!