In den Diskursen der Photographie und der bildenden Kunst geht die Idee ja schon etwas länger um: die Aufstellung eines Kanons, einer Bibliothek von archetypischen Bildern, die individuelle Bildproduktion eventuell einmal überflüssig machen. Ein erhellendes Beispiel aus den 60er Jahren ist Hans-Peter Feldmanns “Bilderfundus” aus vermeintlich unkünstlerischen Babyphotos und Passbildern, der Fragen über die Wahrnehmung und Einzigartigkeit, über die Grammatik und Semantik massenproduzierter Bilder aufwirft. Mit der Möglichkeit der Speicherung des flüchtigen Mediums Musik, speziell in Zeiten der digitalen Datenkompression, war fast klar, dass so etwas auch an und mit Musik versucht wird. Mit einem gewissen Augenzwinkern, der Unmöglichkeit und Vermessenheit ihres Anliegens bewusst, haben AUTODIGEST mit “A Compressed History Of Everything Ever Recorded. Vol. 2: Ubiquitous Eternal Live” (Cronica) dieses Prinzip auf das Klatschen, auf die Publikumseuphorie von Konzertaufnahmen angewandt. Als Musik im üblichen Sinn funktioniert das nicht, als scharfer kulturdiagnostischer Kommentar aber umso mehr.
Frank Eckert