“On Paper” reviewed by Skug

Auslotung von Aggregatzuständen, ihre Beschreibung und Veränderung, und das alles in Sound. Das Label Crónica aus Porto setzt auf Intermedialität, allen Widrigkeiten wie »zu arty« und »zu offensichtlich« zum Trotz. Diese formschöne Doppel-CD-Compilation österreichischer, deutscher und portugiesischer Klangkunst hat das Papier zum Thema. Sozusagen eine Brücke zwischen den Cut-Ups auf Papier und deren akustischer Abbildung. Nicht: Wie fasse ich mein Gedicht in Töne, sondern: Wie geschieht der Transfer der »Restgeräusche« des Papiers auf eine musikalische Oberfläche? Kratzen, schaben, reißen, schneiden,… alles wunderbare Soundquellen, die es per Mikrofon abzunehmen gilt. Dann aber sind diese Geräusche ihrer Ursprünge eigentlich so beraubt, dass sie zu »freien« Klängen werden und die einzigen Unterscheidungsmerkmale nur noch zwischen dem eigentlichen Gegenstand (Papier) und der Peripherie (Stift, Mund, Stimme,…) auszumachen sind. Wenn es so etwas gibt wie das »originär Sonische« des Papiers, dann ist es auch nach diesen 13 Beiträgen gut in irgendwelchen schwarzen Wissenslöchern verborgen, von weiteren Komponenten wie räumliche und zeitliche Verdichtungen – also krümmen und zerknüllen – mal ganz abgesehen. Und das trotz einer sehr guten Auswahl an Musikern wie Vitor Joaquim, Stephan Matieu, Pure und Petro Tuleda. Allemal ein ambitionierter Sampler, der völlig unprätentiös daherkommt und nichts weniger im Sinn hat, als Wissenschaft und Rock’n’Roll miteinander kurzzuschließen. Dranbleiben, Crónica verspricht viel Gutes.

Heinrich Deisl

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