Norwegen ist, wenn man Marc Behrens Glauben schenken darf, zumindest klanglich einer Vielzahl tektonischer Änderungen und Verschiebungen unterworfen. »Sleppet« ist gleichzeitig Hörspiel und Dokumentation einer Reise nach Bergen, Utvær und anderen Tummelplätzen naturaler Sehenswürdigkeiten, die neben Behrens auch Mitreisende wie Jana Winderen, Steve Roden und Chris Watson einschloss. Das sich dabei hauptsächlich Fieldrecording-Künstler über den Zeitraum von 10 Tagen im norwegischen Hinterland akustisch einnisteten und ihre auralen Ableitungen zogen verwundert angesichts der gewichtigen Qualität der Veröffentlichung nicht. Marc Behrens, der sich seit langem üppig zeigt wie eh und je und vom Minimalismus früher Tage abweicht, eröffnet bereits im Opener »Sleppet (1) Seagulls And Cattle« eine leicht schräge Hommage an das aufkeimende Industriebewusstsein der Hofbauern und der Fischer mittels verzerrter Möwenschreie und hektisch geschnittener Stahlgewitter. Überhaupt ist die digitale Bearbeitung der Soundquellen äußerst dezent und geradezu konzeptuell zugeschnitten, Bachgeriesel und Gletschereis werden pointiert in Szene gesetzt, ehe der nächste Schwung destruktiver DSP dem Kitschbild ein vorschnelles Ende bereitet. Besonders gelungen zeigt sich Behrens insbesondere dann, wenn sein Material die gewohnheitsmäßige Verselbstständigung erfährt, welches so manches Fieldrekording so essentiell macht. »Sleppet« ist mehr Hörspiel statt Album (»Sleppet« entstand für eine Sendung von Deutschlandradio Kultur) und sollte auch als solches verstanden werden. Nur dann entsteht tatsächlich jene Sogwirkung, welche sich aus dem hier abgebildeten Märchenwald Skandinaviens auf den Hörer entfaltet. Essentieller Release ohne manierlichen Grobschnitt. 5/5
via Ae Mag