Unter dem seltsamen Künstlernamen O.BLAAT veröffentlicht die in Brooklyn lebende Japanerin Keiko Uenishi mit Two Novels: Gaze/In the Cochlea (Crónica 012~2004 + data track/quicktime) erstmals Beispiele ihrer Powerbookperformances. Die Konstrukte, die sie mit einem speziellen “tapboard.effector.soundsystem” entwirft, hat sie bereits auf Festivals, in Museen, Galerien und Clubs von New York bis Wien, von Bordeaux bis Berlin präsentiert. Als sie 1987 nach New York gekommen war, wollte sie eigentlich als Steptänzerin Karriere machen. Statt dessen fand sie Anschluss an die Downtown-Avant-szene um John Zorn und Christian Marclay, auf dessen Footprints ihre Tanzschritte zu hören sind. Inzwischen tanzt sie mit den Fingern über ihr Keyboard, solo, wie im “In the Cochlea”-Part, oder in Dialogen und Kollaborationen mit Kaffe Matthews, Toshio Kajiwara, DJ Olive, Ikue Mori, Aki Onda und Eyvind Kang, die als “Gaze” zu hören sind. Hierbei mischt sich O.Blaats abstrakte Acousmatic mit den of konkreteren Sounds ihrer PartnerInnen zu Klangbildern, in denen, obwohl ikonoklastisch verdünnt und gesiebt, noch imaginäre und atmosphärische Reste mitschwingen. So wird mit Signallauten und subtilen Andeutungen von “Stimmung” ein Tagesverlauf suggeriert von “one morning” über “gone fishing” und “afternoon” bis “nightfall” und “froid”. Solo kreiert Uenishi betont spröde Miniaturen für Kopfhörer und beschränkt sich, etwa bei “snowlight”, auf ganz minimalistisch reduzierte Mittel, um andererseits mit fast schmerzhaften Frequenzen und stechenden Noise-spitzen die Synapsen zu traktieren. Die Ader für ästhetische Finessen verdankt sie vermutlich eher ihrem japanischen Background als ihrem Brooklyner Umfeld. Dass zur seltenen weiblichen Spezies in der Electronica ausgerechnet Japan einen nennenswerten Anteil beisteuert, Namen wie Ikue Mori, Sachiko M und Yuko Nexus6 kommen mir spontan in den Sinn, das spricht dafür, dass das ästhetisch und existenziell unkonventionelle zusammen gehören.